Antwort auf diese Frage:
Diese Praxisanfrage läßt sich nicht mit einer pauschalen (Ja/Nein) Antwort abhandeln, da im Bereich der Anwendung und Bereitstellung von Arbeitsmitteln eine ganzheitliche Betrachtung notwendig ist.
Nach den einschlägigen Rechtsvorschriften (Arbeitsschutzgesetz, Betriebssicherheitsverordnung, DGUV Vorschrift 1 und DGUV Vorschrift 3) hat der Betreiber bzw. Arbeitgeber die Gefährdungen die von einem Arbeitsmittel (z.B. Winkelschleifer, Kreissäge usw.) im Zusammenwirken mit den sonstigen Gefährdungsfaktoren beim Arbeitsprozess auftretenden zu ermitteln und zu bewerten. Danach hat der der Betreiber bzw. Arbeitgeber die notwendigen Maßnahmen für ein sichere Anwendung bzw. Benutzung der Arbeitsmitteln zu definieren, dieser gesamte Prozess wird in der Regel im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung durchgeführt, aus der dann auch die notwendigen Prüffristen für die Arbeitsmittel abgeleitet werden müssen.
Die Ableitung der notwendigen Maßnahmen (z.B. Unterspannungsauslösung) hat nach dem TOP-Prinzip zu erfolgen und stellt eine verbindliche Reihenfolge der Art der Kompensationsmaßnahmen für Gefährdungsfaktoren dar.
T – Technische Schutzmaßnahmen zur Gefährdungsreduktion
O – Organisatorische Maßnahmen zur Gefährdungsreduktion
P – Persönliche Schutzausrüstung zur Gefährdungsreduktion
Somit haben technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum Vorrang vor Maßnahmen die auf persönlichen Schutzeinrichtungen beruhen.
Natürlich haben Arbeitsmittel (z.B. Winkelschleifer, Kreissäge usw.) vom für Ihre sichere Konstruktion verantwortlichen Hersteller schon Schutzeinrichtungen (Technische Schutzmaßnahmen) implementiert bekommen, dies wird in der Regel durch ein durch die jeweilige Produktnorm vorgegebenes Schutzlevel definiert.
Ob dieses durch die Produktnorm vorgegebene Schutzlevel für den jeweiligen Arbeitsprozess ausreichend ist, muss vom Arbeitgeber wie vorab erläutert, mittels einer Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden, und gegebenenfalls falls das Gefährdungspotential nicht auf ein vertretbares Maß reduziert wurde, müssen weitere Maßnahmen zur Gefährdungsreduktion ergriffen werden.
Nun zur Beantwortung der Anfrage:
Sollte im Umfeld des Anfragenden keine Gefährdungsbeurteilung für die betreffenden Arbeitsmittel (z.B. Winkelschleifer, Kreissäge usw.) vorhanden sein, beleibt dem Anfragenden nur die Möglichkeit diesen Missstand dem Arbeitgeber bzw. Betreiber der Arbeitsmittel nachweisbar zu kommunizieren. Sollte diese Anfrage in Bezug auf eine Arbeitsmittelprüfung gestellt worden sein, kann die sichere Verwendung somit nicht beurteilt werden, und der Prüfer muss diesen Umstand deutlich auf dem Prüfprotokoll zum Ausdruck bringen. In solch einem Fall kann sich die Aussage zur sicheren Verwendung der Arbeitsmittel nur auf Ihren Zustand (mechanische und elektrische Sicherheit) nach Ihrem jeweiligen vorhandenen Sicherheitsstandart beziehen.
Hinweis für die Praxis:
Nach den heutigen Produktnormen wären für Winkelschleifer keine Einrichtungen mit Unterspannungsauslösung gefordert, für Kreissägen allerdings aufgrund des noch höheren Gefährdungspotentials wären diese Einrichtungen mit Unterspannungsauslösung notwendig. Dieser Sachverhalt ersetzt allerdings ausdrücklich nicht die vorab aufgeführten Betrachtungen und Sachverhalte zur Gefährdungsbeurteilung in Bezug auf die Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber oder Betreiber.
Das etz empfiehlt zu diesem Thema folgenden Kurs: Praxisgerechte Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen im Bereich der Elektrotechnik
Unterzeichner der Antwort: Frank Ziegler Elektrotechniker –Meister Dozent am Elektro-Technologie- Zentrum (etz) Stuttgart
Öffentliche bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Elektrotechniker Handwerk der HWK Stuttgart.
VDS Sachverständiger für die Prüfung elektrischer Anlagen nach VDS 3602 und VDS Thermografiesachverständiger.
Der Beitrag erschien in der Fachzeitschrift de / pv-praxis.de im Rahmen der Rubrik „Praxisprobleme“